Tagebuch eines Stubentigers – 16

Morgenlaune

Heute bin ich im Himmel aufgewacht.
Zärtlich küsste ich meinen Engel
in der Mitte seiner Schenkel
an der versteckten Flügelpracht.
Das hat mir wenig Dank eingebracht.

Morgens brauche sie ihren Schlaf,
schlug sie entrüstet Krach
und zog die Decke über sich,
dass ich das Küssen wieder ließ.
Seither weiß ich dies.

Auch ein Engel, der im Paradies
einem die Nacht versüßt,
hat morgens schlechte Laune,
wenn ihn ungebeten küsst,
an seiner feinsten Daune.

Schrecksekunde

Man kommt in ein gewisses Alter.
Da fällt plötzlich ein Schalter,
dass man im Dunkel sitzt
und sich die Frage stellt,
ob man schon gestorben ist.

Dann geht das Licht wieder an
und man stellt erleichtert fest,
dass man weiterleben kann.
Es war kein Todesfall,
sondern bloß ein Stromausfall.

One more Stubentiger: