
Da überkam das Fräulein „So-La-La“ ein schlechtes Gewissen. Vor lauter Sorge, die Welt mit ihrem Verrat in Gefahr gebracht zu haben, brachte sie kein Auge zu. Sie schlüpfte aus ihrem Bett und schlich sich die Treppe hoch.
In der Dachkammer saß ihr Vater bis spät nachts an seinem Schreibtisch, wo er endlose Rechenkolonnen in seinen Computer eintippte.
An diesem Abend hockte er zu einem Häufchen Elend versunken in seinem Sessel.
„War ihr Luane so schelcht?“, erkundigte sich das Fräulein „So-La-La“ besorgt.
Der Vater nickte.
„Ich glaube, morgen wird das Wetter richtig mies.“, seufzte er, ohne zu wissen, wie nahe er mit seiner Vorahnung der Wahrheit rückte.
Bevor sie ins Bett zurückhuschte beichtete sie ihm, was sie angestellt hatte.
„Nun knan die Ppupe jdeermnann davon erzhälen.“, schluchzte sie.
Der Vater sah keinen Grund zur Besorgnis.
„Einer Puppe kann man alles anvertrauen.“, beruhigte er seine in Tränen aufgelöste Tochter, ohne nach dem Geheimnis zu fragen, das sie in sich trug.
„Ihre Ohren sind dunkler und verschlungener als die tiefsten Brunnen. Die Dinge, die man in sie hineinflüstert, finden nie wieder ans Tageslicht zurück.“
Als die Mutter spät nachts einen Blick ins Kinderzimmer warf, fand sie das Fräulein „So-La-La“ schlafend in den Armen ihrer Puppe vor.
Sie hatte die Fäuste geballt und stöhnte bei jedem Atemzug.
Besorgt machte die Mutter das Licht an. Verschlafen blinzelte das Fräulein „So-La-La“ in das Licht der Deckenlampe. Ein Lächeln spannte sich um ihre Lippen.
Zufrieden drehte sie sich zur Seite. Sie schloss die Augen und griff wieder nach dem Seil, um die Sonne ein Stück weiter am Himmel hochzuziehen.