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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Sein Einsatz blieb stets vorbildlich.  Mit dem gleichen Fleiß, mit dem er ein Leben rettete, verschleuderte er ein anderes.
Der Zufall hatte immer zu tun. Sein Arbeitstag dauerte vierundzwanzig Stunden. Er nahm sich kein Wochenende frei und fuhr niemals in den Urlaub.

Daher war es allzu verständlich, dass ihm einmal ein Irrtum unterlief, dachte sich das Fräulein  „So-La-La“.  
Ihrem Leben  haftete nämlich gar nichts Unvorhersehbares an.  Der Zufall hatte  schlichtweg auf sie vergessen.

Was ihr widerfuhr, geschah nicht zufällig, sondern zu  ihrem Besten.  In ihrem Tagesablauf gab es für  alles eine Regel und einen Plan.
Mit dem Zufall wäre kein Spaß zu treiben, scheute die Mutter keine Mühe, um ihre Tochter von ihm fernzuhalten.

Sie brandmarkte seinen launenhaften Charakter, der die Sorglosigkeit der Opfer zum eigenen Vergnügen auskostete. Der Zufall würde nicht zwischen Gut und Böse unterscheiden.  Die einzige Vorliebe, die er bei seiner Beute erkennen ließe, wäre der Leichtsinn. 
Jedes aufgeschlagene Knie, jede blutende Lippe und jede Beule am Kopf rechnete sie seinem schlechten Einfluss an.

„Die Geschenke, die er verteilt, sind teuer verzinst.“,  warnte sie unermüdlich vor den Tücken seiner Verlockungen.

Überall sah sie Gefahren, die der Zufall zu seinem Vorteil ausnutzte.
Die Schaukel auf dem Spielplatz war kein harmloser Freizeitspaß, sondern ein Apparat, der dazu diente,  leichtsinnigen Mädchen das Genick zu brechen.  In jedem Planschbecken lauerte ein qualvoller Ertrinkungstod auf sein zufälliges Opfer.

Wagte es das Fräulein „So-La-La“ ihren Fuß in eine Sandkiste zu setzen, landete sie umgehend in der Badewanne, um den Krankheiten vorzubeugen, die der Zufall dort hinterlassen hatte.

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