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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Das Fräulein „So-La-La“ wurde leichenblass. Der Anblick der Handschuhe ließ sie das Schlimmste befürchten.  Sie fühlte, wie ihr langsam die Sinne schwanden.

 „Mpfmpfmpf.“, flehte sie um Erbarmen.

Ungerührt streifte die Großmutter die Handschuhe über.

„Es wird Zeit, dem Übeltäter das Handwerk zu legen.“, sagte sie.  

Der Mundtotmacher wäre eine bewährte Methode, um Plappermäuler zum Schweigen zu bringen.  Die Behandlung würde lediglich einen kurzen Eingriff erfordern. Danach ginge das Leben weiter.

Das Fräulein „So-La-La“ zitterte am ganzen Körper. Vor ihren Augen explodierte ein Sternenregen. Dann versanken ihre Sinne in einer erlösenden Dunkelheit.

Den dumpfen Schlag, mit dem ihr Kopf auf die Tischplatte schlug,  spürte sie nicht mehr. 
Sie wachte mit einem schmerzhaften Pochen an der Stirn auf.   Ihr Schädel brummte. Verschwommen nahm sie das Geschehen vor sich wahr. Die Großmutter stand mit dem Rücken zu ihr am Tisch. Ihre Miene war ernst wie die Gesichter der Könige, Präsidenten und Generäle, wenn sie ihre Reden schwangen.

Sie  trug einen blauen Kittel über ihrem smaragdgrünen Kleid. Die  rote Haarmähne war unter einem Haarnetz verschwunden.
Mit dem Oberkörper beugte sie sich über den Tisch, wo sie in einer Werkzeugkiste kramte.

„Mpfmpfmp.“, keuchte das Fräulein „So-La-La.

Die Großmutter drehte kurz den Kopf zu ihr.  Der flüchtige Blick, den sie ihr schenkte,  ging durch das Fräulein „So-La-La“ hindurch, als säße sie unsichtbar auf ihrem Stuhl.

Der blanke Stahl eines Schraubendrehers in ihrer Hand blitzte bedrohlich im Licht der Deckenlampe.
Sie wischte sich mit dem Ellbogen über die Stirn und bückte sich nach der Werkzeugkiste, die am Boden stand.

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