Eine „andere“ Weihnachtsgeschichte

Josef und Maria unterhalten sich im Biergarten. Es ist Frühling. Der Himmel strahlt, als das Schicksal seinen Lauf nimmt. <Ich habe meine Tage nicht gekriegt.>, sagt Maria.Josef verschluckt sich an seinem Bier, als habe ihn gerade der Blitz gestreift. Der Bierschaum fließt über sein Kinn. <Was willst du damit sagen?>, zeigt er sich bestürzt.<Dass du nicht aufgepasst hast, und wir ein Kind bekommen.>, fährt ihn Maria genervt an. <Wir haben doch gar nicht…>,ringt Josef um Fassung. Maria blickt ihn mit funkelnden Augen an. <Was haben wir nicht?>

Mit Schaudern denkt Josef an das Dorffest zurück, das einen Monat zurücklag. Er hatte zu viel getrunken und jede Erinnerung an jene folgenschwere Nacht verloren. Außer dass er am Morgen mit einem Filmriss in einem fremden Bett wach geworden war und eine Frau neben ihm lag, die er nicht kannte. <Ich heiße Maria.>, hatte sie sich vorgestellt und die Bettdecke bis zu den entblößten Schultern hochgezogen. <Sehr erfreut.>, hatte er schüchtern geantwortet.

Seit dieser Nacht sind sie ein Paar. Sie hatten sich nach dem Frühstück verständigt, nichts zu überstürzen und die nächsten Wochen in getrennten Betten zu schlafen. Maria wollte erst über ihre Gefühle für ihn im Klaren sein. <Soll es der Heilige Geist gemacht haben?>, holt ihn der Donner in ihrer Stimme in die Gegenwart zurück.

Josef nickt betreten, weil ihm bewusst wird, dass ihm von ihrer ersten Liebesnacht nur eine Erinnerungslücke geblieben ist. Bis auf einen unheilvollen Satz, der durch seinen Kopf spukte, als er mit Maria das Bett geteilt hatte. <Rück mal ein Stück zur Seite, lieber Josef.>, hatte ihm eine unbekannte Stimme befohlen. Der Satz konnte aber auch schon zuvor auf dem Fest gefallen sein. Es hatte dichtes Gedränge auf den Bierbänken geherrscht.

<Wir brauchen eine Wohnung für unser Kind.>, hindert ihn Maria, weiter darüber nachzudenken. Mühsam zwingt sich Josef, seine Verzweiflung vor ihr zu verbergen. Sein Einkommen als Tischler würde kaum ausreichen, eine Familie zu ernähren. Eine Wohnung anzuschaffen, war ihm bisher nicht in den Sinn gekommen. Schließlich hatte Maria noch nicht einmal über ein gemeinsames Bett nachgedacht. Und seine Ersparnisse hatten sich gerade in einem Autokauf verflüchtigt.

<Wir werden aufs Land ziehen.>, versucht er, das Beste aus seiner Not zu machen. Maria schnauft unzufrieden. <Ich will mein Kind nicht in einem Stall zur Welt bringen.> Josef beschließt, die Krise zwischen ihnen mit einem Themenwechsel zu beenden. <Hast Du schon über einen Namen für unsere Tochter nachgedacht?> Maria sieht ihn entgeistert an. <Es wird ein Junge.> Josef runzelt die Stirn. <Woher willst du das wissen?>, zeigt er sich verwirrt. <Das hat mir der Heilige Geist verraten.>, antwortet Maria. <Jesas.> schreit Josef, dem die Wahrheit dämmert, entsetzt auf.

Die Augen von Maria beginnen zu leuchten. <Das ist ein schöner Name für unseren Sohn.>, seufzt sie und lächelt Josef mit einem verträumten Blick an.