
PREMIERE
Die Liebe taugt nicht für lange Proben.
Ihre Lust drängt rasch zur Premiere.
Bei meinem letzten Auftritt,
sie war ganz und gar blond,
schmal mit engen Hüften gebaut,
hob sich der Vorhang nach wenigen Nächten.
Nachdem wir uns an Armen und Beinen ausgezogen hatten,
das Hemd zuerst, die Hosen etwas später,
auch die Socken – darauf bestand sie –
trugen wir auf der Bühne nicht mehr als die eigene Haut.
Sie fand lachend,
das Kostüm wäre mir etwas fleischig um den Bauch gewickelt.
Das ihre gefiel mir auch besser in den Schnitten,
und war am Gesäß und an den Hüften straff gespannt.
Nur an den Brüsten fand ich sie etwas mager.
Sie sagte, das würde sich beizeiten geben.
Danach spielten wir ohne Worte und ließen drei Akte folgen.
Wir wälzten und wir kreisten.
Wir probierten im schnellen Wechsel von oben und von unten.
Wir spielten meist von vorn und einmal auch von hinten.
Während wir unsere Positionen bezogen,
saßen unsere besseren Gefühle auf den Rängen.
Der Rest der Triebe hockte im Parkett zusammen.
Am Ende geschah, was im Theater immer geschieht.
Die Akteure machten eine Beuge und hofften auf Klakeure.
Das Parkett klatschte lauten Beifall.
Die Ränge gingen mehrheitlich schweigend an die Garderobe.
Die Kritik schrieb kühl am nächsten Morgen.
Wenn sie sich Mühe geben, lernen sie vielleicht, sich zu lieben.
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