
Wie das Fräulein „So-La-La“ eine Zeitabkürzungsmaschine erfindet
Seit Wochen verfolgte das Fräulein „So-La-La“ gebannt die Nachrichten, die über die Bildschirme flimmerten. Überall herrschte Zank und Streit. Die Welt fand keinen Frieden mehr. Sie war in die Hände von hochgezogenen Augenbrauen, gestreckten Zeigefingern und mitleidigen Stimmen geraten.
Weil sie sich niemals einig wurden, herrschte ein furchtbares Durcheinander. Am meisten stritten sie darüber, wer das Sagen in der Welt hatte.
„Lange lebe der König.“, riefen die hochgezogenen Augenbrauen.
„Den Präsidenten gehört die Macht.“, skandierten die gestreckten Zeigefinger.
„Am Ende siegen immer die Generäle.“, warnten die mitleidigen Stimmen.
Nichts von dem entsprach den Tatsachen, wusste das Fräulein „So-La-La“.
Längst hatte sie die Könige, Präsidenten und Generäle als Angeber und Wichtigtuer durchschaut.
Die wahren Herrscher der Welt wohnten nicht in prächtigen Palästen. Sie schwangen keine großen Reden. Schon gar nicht badeten sie im Applaus begeisterter Massen.
Sie leiteten die Geschicke der Menschen im Stillen und gingen ihren Geschäften nach, ohne dass es im Fernsehen übertragen wurde oder die Zeitungen von ihnen berichteten.
Es waren die Großmütter. Ihre Machtfülle war einzigartig. Es herrschte kein König, der nicht auf ihrem Schoß gesessen hatte. Es regierte kein Präsident, dem sie nicht die Wangen getätschelt hatten. Und nirgendwo fand sich ein General, dessen Windeln sie nicht gewechselt hatten.
Ihr langer Arm reichte von Amerika bis nach Afrika, von Europa bis nach Indien und vom Südpol bis zum Nordpol. Vor ihnen gab es kein Entkommen. Die Macht der Großmütter reichte selbst über den Tod hinaus. Dann saßen sie unsichtbar an den Tischen oder lächelten aus eingerahmten Bildern an der Küchenwand auf ihre Untertanen herab.
Für das Fräulein waren sie die beste Erfindung, die jemals erfunden worden war.
Ihr Einsatz bewahrte übermüdete Mütter vor Nervenzusammenbrüchen und rettete gestressten Vätern den Fußballabend.