
Es dauerte lange, bis die Mutter ihren Geduldsfaden geflickt hatte. Zwischen den Streithähne herrschte tagelange Stille. Keiner redete ein Wort mit dem anderen.
Die Mutter verbot dem Fräulein „So-La-La“ jeden Umgang mit ihrer – wie sie im hysterischen Tonfall brüllte – trunksüchtigen Großmutter.
Oma Rosa empfahl dem Vater in einem kurzen Telefonat, an dessen Ende sie den Hörer auf die Gabel knallte, der Mutter eine Flasche Likör zur Beruhigung ihrer Nerven einzuflößen.
Eine ganze Woche verstrich in eisigem Schweigen. Dann siegte die Vernunft. Im Bemühen ihren notdürftig zusammengeflickten Geduldsfaden keiner weiteren Belastung auszusetzen, verzichtete die Mutter auf eine Fortführung des Streits.
Nach einer kurzen Aussprache, die in heftigen gegenseitigen Umarmungen ausartete, wurde der familiäre Friedensschluss mit einem Gläschen Likör besiegelt.
Am Ende sollte Oma Rosa mit ihrer Prophezeiung Recht behalten. Manchmal reichte die Vierteldrehung an einer Schraube aus, um Etwas, das aus dem Gleichgewicht geraten war, zum Guten zu wenden.
Einige schlaflose Nächte und etliche geleerte Likörgläser später hatte sich auch die Mutter an den neuen Namen ihrer Tochter gewöhnt.
Innerhalb weniger Wochen geriet der alte Name beinahe völlig in Vergessenheit. Nur ein verrückter Zirkusclown schien sich hin und wieder daran zu erinnern.
„Sophie-Laura.“, rutschte es dann dem Fräulein „So-La-La“ versehentlich über die Lippen. Aber das passierte ganz selten.