
Das Leben ist voller Überraschungen. Manchmal bringt es einen dazu, etwas zu mögen, das man nie zu vermissen glaubte. Weil es da ist. Weil man sich daran gewöhnt. Weil es fehlen würde. Oder weil es einfach aus dem Himmel fällt.
Es ist Frühjahr. Ich sitze auf der Terrasse und rauche eine Zigarette. Aus der Luft flattert mir eine Taube kreischend vor die Füße. Ein Falke jagt ihr im Sturzflug hinterher. Ich mag es nicht, wenn in meinem Garten Blut spritzt. Ich greife nach einem Besen. Mit lautem Geschrei scheuche ich den Falken fort. Die Taube bleibt blutend auf dem Boden liegen. Ich sehe sie an. Sie sieht mich an. Ich mag Tauben nicht. Ich mochte sie nie. Sie sind mir eine Plage. Ich füttere die Vögel in meinem Garten. Wenn eine Taube zu ihnen fliegt, verjage ich sie.
Abends sehe ich nach der Taube. Sie sitzt mit gebrochenem Flügel auf der Terrasse, wo ich sie mittags zurückgelassen habe. Ich gebe ihr Wasser in einer Schüssel. Ich stelle Futter dazu. Vielleicht stirbt es sich nachts leichter für sie.
Am nächsten Morgen trinke ich Kaffee auf meiner Terrasse. Die Taube ist nicht tot. Ich dämpfe die Zigarette aus und stelle Wasser auf den Herd. Es ist das erste Mal, dass ich eine Taube fange. Ich putze das Blut aus ihrem Gefieder. Ich lege ihr eine Schiene am Flügel an. Ich setze sie in eine Kiste mit Stroh. Ich sehe sie an. Sie sieht mich an. So geht es Tage. So vergehen Wochen. Ich mag Tauben nicht. Ich mochte sie nie. Sie sind mir eine Plage. Ich füttere die Vögel in meinem Garten. Wenn eine Taube zu ihnen fliegt, verjage ich sie.
Die Taube wohnt auf meiner Terrasse in einer Kiste mit Stroh. Ich kümmere mich jeden Tag um sie. Ich gebe ihr einen Namen. Ich gewöhne mich an sie. Morgens hüpft sie mir entgegen. Abends springt sie mir nach. Wenn ich auf der Terrasse eine Zigarette rauche, hockt sie auf meiner Schulter. Manchmal stupst sie mich mit dem Schnabel an.
Eines Morgens sitzt die Taube nicht in ihrer Kiste. Als ich sie rufe, segelt sie aus einem Baum. In meine Freude mischt sich ein Schmerz, den ich schwer ertrage. Ich sehe sie an. Sie sieht mich an. So geht es Tage. So geht es Wochen. Ich mag Tauben nicht. Ich mochte sie nie. Sie sind mir eine Plage. Ich füttere die Vögel in meinem Garten. Wenn eine Taube zu ihnen fliegt, verjage ich sie.
An einem kalten Herbsttag finde ich die Taube im Garten nicht mehr. Ich blicke zum Himmel hoch. Sie kreist in den Wolken über mir. Ich winke ihr hinterher, bis sie als kleiner Punkt in der Ferne verschwindet. Seither habe ich Sehnsucht nach einer Taube, die sich auf meine Schulter setzt, wenn ich auf der Terrasse eine Zigarette rauche.
Ich füttere die Vögel in meinem Garten. Wenn eine Taube vom Himmel fliegt, stelle ich mich ans Fenster. Ich sehe sie an. Sie sieht mich an. So geht es Tage. So geht es Wochen. Ich mag Tauben nicht. Ich mochte sie nie. Aber sie sind mir keine Plage mehr. Denn jede erinnert mich daran, dass es einmal eine Taube gab, die einen Sommer lang mit mir in meinem Garten lebte.