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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Trotz aller täglichen Anstrengungen führte der Vater  einen aussichtslosen Kampf.  

Die Aktenstöße  auf seinem Schreibtisch wuchsen unaufhaltsam an. War eine Zahlenkolonne durchgerechnet, warteten bereits dutzende neue auf ihn.  

An keinem Tag schaffte er es, die Aktenberge, die sich vor ihm hochtürmten, zur Gänze zu erledigen.
Bevor er das Büro verließ,  verstaute er das Unaufschiebbare  in seiner Aktentasche. Wütend kündigten ihm die auf dem Schreibtisch zurückbleibenden Arbeiten furchtbare Rache an.

Dann läutete spät nachts das Telefon, das den schlaftrunkenen Vater an den Schreibtisch befahl.  Oder es platzte  eine dringende Nachricht ohne Vorankündigung im Postfach seines  Computers auf, die eine sofortige Beantwortung verlangte.   

Die hartnäckigsten unter den Störenfrieden standen  an den Wochenenden unangekündigt in der Tür. 

An diesen Tagen durfte man nur auf Zehenspitzen durch das Haus schleichen und musste mit gedämpfter Stimme reden. Außerdem wurden für die Dauer ihres Aufenthaltes  alle Ausflüge und anderen Vergnügungen abgesagt.

Viel zu selten gönnte der Vater seinem Bürogesicht eine Pause. Dem Fräulein „So-La-La“ fiel es schwer, ihre Abneigung vor ihm zu verbergen. Mehr Gefallen fand sie an seinem Feiertagsgesicht. Es war besser gelaunt und schnitt komische Grimassen.

Meist blieb es bis zum Mittagessen unrasiert und hatte zerzauste Haare. Sein Atem roch nach heißem Kaffee. Zwischen den Mundwinkeln hing noch der Rest der Frühstücksmarmelade. Und wenn sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte,  kratzten sie  die Bartstoppeln auf der Haut,  als würde sie mit einem Igel kuscheln. 

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