
Es begann mit Nachrichten, die nichts Gutes verlauteten. Alle Fernsehkanäle zeigten die gleichen Bilder. Es herrschte wieder Krieg. Menschen wurden aus ihren Wohnungen vertrieben. Menschen starben auf den Straßen und Schlachtfeldern. Kanonen und Bomben luden ihre tödliche Fracht über die Städte und Dörfer ab. Sie zerstörten die Häuser und Fabriken, bis nur noch ihre ausgebrannten Skelette in den Himmel ragten.
Die Welt wirkte leerer und stiller als vorher Sie war in den Bann eines todbringenden Schreckens geraten. Die Menschen hatten aufgehört, zu lachen und feiern. Sie zogen feldgraue Uniformen an und trugen ernste Gesichter zur Schau. Wenn sie auf die Straße gingen, blickten sie ängstlich zum Himmel hoch.
Einzig die Tiere schienen sich von den Ereignissen nicht beeindrucken zu lassen. Sie lebten unbekümmert in den Tag, wie sie es seit ewigen Zeiten taten. Bei einem Blick aus dem Fenster bemerkte ein Mädchen zwei Schmetterlinge im Garten, die aufgeregt von einer Blüte zur nächsten flatterten. Das Treiben der bunten Falter stellte das Mädchen vor ein Rätsel.
<Warum fürchten sich die Schmetterlinge nicht?>, fragte sie ihre Mutter.
Ihre eigene Angst wurde mit jedem Tag größer, an dem der Krieg über die Bildschirme der Fernsehapparate flimmerte. Es war eine Angst, die nicht aufhören wollte zu wachsen, weil der Bombenhagel, der aus dem Himmel fiel, mit jedem Tag näher rückte. Die Mutter strich ihrer Tochter die Tränen aus den Wangen.
<Die Zuversicht der Tiere ist größer als ihre Angst.>, sagte sie.
Das Mädchen dachte lange nach. Die Tiere waren ihrem Schicksal wehrlos ausgeliefert. Es gab keine Krankenhäuser und Supermärkte für sie. Ihre Kinder besuchten keine Kindergärten und Schulen. Sie besaßen kein Dach über dem Kopf. Sie hatten keinen Ofen, um sich an kalten Tagen zu wärmen. Nirgendwo stand ein Bett für sie, in dem sie nachts schlafen konnten. Sie verbrachten ihr Leben unter freiem Himmel. Sie schwammen in den Flüssen. Sie hockten in den Ästen der Bäume. Oder lebten in winzigen Höhlen in der Wiese.
Trotzdem flogen die Schmetterlinge im Garten jeden Morgen unbekümmert zu den Blumen hoch. Die Fische im nahen Fluss folgten der Strömung, ohne sich davor zu fürchten, in einem Netz zu enden. Und die Mäuse in der Wiese verschwendeten keinen Gedanken an den vierpfotigen Jäger, der ihnen im Nacken saß. Sie vertrauten dem nächsten Augenblick.
Ihre Zuversicht gab ihnen recht. Nicht jeder Schmetterling hauchte sein Leben im Schnabel eines Vogels aus. Nicht alle Fische wurden mit Netzen aus dem Wasser gezogen. Und die meisten Mäuse entkamen dem Hunger der Katzen.
Das Mädchen lächelte. Die Angst in ihrem Kopf war wie weggeblasen. Wenn sich die Tiere vor ihrer Zukunft nicht fürchteten, musste sie es auch nicht tun. Eine nie gefühlte Gewissheit durchströmte sie und malte das Leben in den schönsten Farben.
Als sie ihre Arme ausbreitete, verwandelten sie sich in die Flügel eines Schmetterlings, der federleicht in der Luft tanzte. Ihre Beine zuckten wie die Schwanzflossen eines Fisches, der durch die Wellen tauchte. Und in ihrer Brust schlug das tapfere Herz einer Maus, die ihrem Jäger einen Haken schlug.