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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Die Großmutter lächelte milde. 

„Ein kleiner Taschenspiegel bietet nicht genügend Platz für ein Gefängnis dieser Größe.“, widersprach sie.

Einmal beflügelt, war Fantasie  des Fräulein  „So-La-La“  nicht zu bremsen.

 „Er hat den Mneschen irhe Zuknuft geziegt.“,   beschwor sie einen anderen Zauber, dem  Captain Feelgood seine Macht über die Menschen verdankte.  

Wieder verneinte die Großmutter.

„Es war ein gewöhnlicher Taschenspiegel.  Man sah darin nichts anderes als in jedem anderen Spiegel.“
Das Fräulein „So-La-La“  gluckste enttäuscht.

Ihre Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf das kleine Streichholzboot, das in der Wanne schaukelte. Es war Zeit, den alten Kahn zurück zu den Fischen zu schicken.

Das Fräulein „So-La-La“  stampfte mit den Füßen im  Wasser, bis sich eine gewaltige Sturmflut aufbrauste. Woge um Woge ergoss sich über den kleinen Zweimaster. Die Nussschale wehrte sich tapfer gegen den drohenden Untergang.   

Da ertönte ein lauter Knall.  Blitzartig erlosch das Licht in der Deckenlampe.  Der Raum verschwand in pechschwarzer Dunkelheit.  Der beißende Geruch von Schweiß und Tabakrauch schwängerte die Luft.  
Nach bangen Sekunden flackerte in der Hand der Großmutter ein Streichholz auf.

Mit aufgerissenen Augen starrte das Fräulein  „So-La-La“ in eine gespenstische Szenerie. Das  Badezimmer hatte sich in eine dunkle Hafenkneipe verwandelt.

Im Licht von brennenden Kerzenstumpen blickte sie in die verschlagenen Gesichter bärtiger Gesellen. Sie hockten auf hölzernen Tischen und gaben sich alle Mühe, den auf den Schiffen verdienten Lohn beim Würfelspiel zu verlieren. Ihr Stimmengewirr erfüllte den winzigen Raum mit einem dröhnenden Singsang. Sie unterbrachen ihr Gerede nur, um an ihren Tabakpfeifen zu paffen oder sich den  Rum becherweise in die Kehlen zu kippen. 

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