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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Der laute Knall, mit dem die Tür hinter der Mutter  ins Schloss fiel, beendete die Unterhaltung. 

Mit bebender Stimme berichtete sie  dem Vater von den  Vorgängen im Kinderzimmer.

Er war im Wohnzimmer gerade damit beschäftigt, den Mond für die wichtigsten Schraubarbeiten der Welt vorzubereiten.

Seine ganze Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf einen glänzenden Butterfleck, der die blasse Scheibe verunzierte.  
Er zeigte sich sichtlich genervt, seine Tätigkeit unterbrechen zu müssen. Der Butterfleck  wusste sich hartnäckig seinem Waschschwamm zu widersetzen.
Der Geduldsfaden der Mutter explodierte ohne verräterisches Knacksen. Nicht einmal sein Gehör, mit dem er eine Mücke auf  hundert Meter husten hörte, vermochte den Vater noch  zu  retten.

Unter wütenden Vorhaltungen schulterte er den blitzblank geputzten Mond und stürmte zur Dachkammer hoch.
Kaum war er von der Bildfläche verschwunden, schlafwandelte das Fräulein in einem knöchellangen Nachthemd die Treppe herunter.
Sie trug eine kopflose Puppe im Arm. Den Kopf der Puppe zog sie an einer Schnur hinter nach. Er kullerte wie ein kleiner Ball über die Stufen.

Der gespenstische Anblick jagte der Mutter einen Schreck in die Glieder,  von dem sie sich tagelang nicht erholte.
Kurz danach schrillte  in einer Wohnung zwei Straßen weiter ein altes Telefon.
Die Mutter wartete in der offenen Tür, bis die Großmutter mit dem Taxi vorgefahren kam.  Ihr Gesicht war kreidebleich.
Unter Tränen fasste sie der Großmutter die Barbarei, die sich im Kinderzimmer abspielte, zusammen. 

„In herzlosen Zeiten rollen die Köpfe zuerst.“,  antwortete Oma Rosa ohne eine Miene zu verziehen.

Sie hängte ihren Mantel an den Haken und tippelte die Treppe hoch.

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