
Im letzten Moment entschied sich der Zeigefinger des Fräulein „So-La-La“ zum Rückzug.
„In den Wind gesetzt kann auch ein Lumpen zu einer leuchtenden Fahne aufflattern.“, donnerte die Großmutter.
Zum Beweis tat sie es den hochgezogenen Augenbrauen, gestreckten Zeigefinger und mitleidigen Stimmen gleich. Sie redete das Fräulein „So-La-La“ mit ihrem Spottnamen an. Wobei sie den ersten Buchstaben verschluckte und die restlichen Vokale vornehm in die Länge dehnte. Auf diese Weise ausgesprochen, schwebte plötzlich der Name federleicht im Raum.
Von allen spöttischen Tönen befreit, stand er nicht mehr für das Unzulängliche, das Spott und Hohn auf sich zog, sondern für das Anderssein, das auf ungewöhnliche Weise überraschte.
Die blassen Wangen des Fräulein „So-La-La“ wechselten in ein glühendes Rot. Aus ihren Augen strahlte eine nie gekannte Zuversicht. Sie sprang auf die Füße und reckte den Kopf in die Höhe.
„Mien Nmae ist Fräulein „Oh-La-La.“, verkündete sie stolz.
Dabei ahmte sie den s-Fehler der Großmutter nach. Es klang wie das Rauschen einer Fahne, die hoch über ihr im Wind wehte.
Nie zuvor hatte sie mit solcher Entschlossenheit gehandelt. Mit breiter Brust bot sie den hochgezogenen Augenbrauen, gestreckten Zeigefinger und den mitleidigen Stimmen, die sie unsichtbar verfolgten, die Stirn. Von nun an musste sie ihren Spott nicht mehr fürchten.
Oma Rosa verfolgte den Sinneswandel ihrer Enkelin mit einem schiefen Lächeln, das einer dicken Brandblase auf der Oberlippe geschuldet war.