
Bei Josef und Maria hängt der Haussegen schief. Seit Wochen brodelt es zwischen ihnen. Nun platzt Josef der Kragen. Sein Gesicht läuft puterrot an. In einem Zug schwemmt er eine Halbe Bier durch die Kehle. Aber sein Zorn lässt sich nicht mehr ertränken. Wütend zerknüllt er das Schreiben, das vor ihm auf dem Tisch liegt.
Dass er es seinem Sohn verdankt, in einer Kleinwohnung zur Miete hausen zu müssen, hat er als Preis für die Liebe von Maria ebenso hingenommen wie seine unklare Entstehung nach einem Dorffest. Aber nun war das Maß voll. <Der Junge entwickelt sich zur Landplage.> macht er seinem aufgestauten Ärger Luft. In zornigen Sätzen quillt das Unglück, das er groß gezogen hat, aus ihm heraus.
Schweigend hatte er es ertragen, dass der Bub von der Schule flog, nachdem er den Pfarrer einen scheinheiligen Pharisäer genannt hatte. Aber als er die Tischlerlehre hinschmiss, um auf Demos für eine bessere Welt zu protestieren, wäre er ihm fast an die Gurgel gegangen. Zumal sich das mit zwölf gleichgesinnten Taugenichtsen gegründete Startup als Badetreff entpuppte.
Als er im jugendlichen Leichtsinn Bilder ins Netz stellte, wie er in einem Fischteich über das Wasser wandelt, wurde die Polizei auf ihn aufmerksam. Schnell stellte sich heraus, dass der Teich vorher leergepumpt worden war, um den Fischbestand zu plündern. Nicht weniger Ärger brachte ihm der Handel mit Weinflaschen ein, die mit Wasser abgefüllt waren.
Beim Prozess hielt er eine begeisternde Predigt, bei der er sich dazu verstieg, neben der rechten Wange auch die linke hinhalten zu wollen. Nach der Urteilsverkündung stellte sich jedoch heraus, dass damit sein Elternhaus gemeint war, dessen Verkauf zur Wiedergutmachung des Schadens notwendig wurde.
Kaum hatte er seinen 40tägigen Sozialdienst in einem Spital abgebüßt, vergnügte er sich in einem Stripteaseclub mit dem klingenden Namen “Magdalena”. <Er hat einer Tänzerin die Füße gewaschen.> fällt ihm Maria ins Wort. <Er war bloß zu betrunken, um auch den Rest von ihr einzuseifen.> redet sich Josef neuerlich in Rage.
Der Gedanke, dass der Bub den Dorfkirtag genutzt hatte, um die Bierschank des Bürgermeisters in Trümmer zu werfen, trägt wenig zu seiner Beruhigung bei. <Der Philister hat das Bier gepanscht.> verteidigt Maria ihren Sohn.
Josef hält ihr die Anzeige unter die Nase, die seine Wut ausgelöst hat. <Eines Tages werden sie ihn dafür ans Kreuz nageln und ihre Hände in Unschuld waschen.> Ein Freund hatte ihn angeschwärzt, auf einer Party Drogenkekse aus einem Kelch verteilt zu haben.
Der letzte Sonntag hatte die Stimmung im Dorf endgültig zum Kochen gebracht, als er eine Fahrraddemo anführte und die Zufahrt zum Kirchenwirt verstopfte. Die durstigen Kirchgänger hatten fluchend die Faust gegen ihn gestreckt, als er auf seinem Drahtesel an ihnen vorbeizog.
>Eher legen die Hasen bunte Eier, als der Junge etwas Gutes in die Welt bringt.> malt Josef die Zukunft seines Sohnes schwarz.
<Die Erlösung ist nahe.> antwortet Maria mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen. Josef blickt sie verdutzt an. Der Ton in ihrer Stimme ruft eine ungute Erinnerung in ihm wach.
<Jesas, schon wieder der Heilige Geist.> schreit er auf, als er das Licht bemerkt, das ihren Kopf umkränzt und eine kalte Mordlust in ihm hochkocht.
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