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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Wie das Fräulein „So-La-La“ die Farbe in die Welt bringt


Es dauerte nicht lange, bis der Riese erneut all seine Kräfte benötigte.

Ein alter Spielfilm, der über den Bildschirm lief, erregte das Interesse des Fräulein „So-La-La“.
Die Welt, die der Film zeigte, hatte keine Farbe. Der Himmel war grau und hüllte die Fassade der Häuser und Straßen in ein tristes Einheitsgrau. Selbst die Sonne leuchtete in Schwarzweiß.  In einer Welt ohne Farben sahen auch die Menschen aus wie blasse Gespenster.

„Es ist ein sehr alter Film.“, erklärte die Großmutter.

„Der Flim ist sciher hundert  Jarhe alt.“  plapperte der verrückte Clown im Mund des Fräulein „So-La-La“ Unsinn.

„Als der Film  gedreht wurde, war ich ein kleines Mädchen wie du?“, schmunzelte die Großmutter.

Das Fräulein „So-La-La“  schluckte ihre Enttäuschung schweigend hinunter. Sie hatte die Großmutter um tausend Jahre älter geschätzt. 
Sie war in einer Welt aufgewachsen,  in der es keine Computer gab und  die Telefone an langen Kabeln hingen. Es war eine Zeit, in der die Menschen mit Tinte auf Papier schrieben und Briefmarken klebten, wenn sie einander etwas mitzuteilen hatten.

Die grauen  Gesichter im Film  stimmten das Fräulein „So-La-La“ nachdenklich.

Wie traurig musste es sein, in einer Welt zu leben, ohne zu wissen, dass der Himmel blau war. Dass die Blumen in den herrlichsten Farben strahlten. Dass die Abendsonne am Horizont in einem glühenden Rot unterging. Dass die Meere türkisgrün schimmerten.

Plötzlich wurde ihr bewusst, wie bunt ihr Leben war. Aber wie war die Farbe in die Welt gekommen?

Die Großmutter grübelte lange, als würde sie jedes Wort auf sein Gewicht abwiegen.

„Die Welt ist an dem Tag bunt geworden,  als du geboren wurdest.“, antwortete sie.

Der Riese im Kopf des Fräulein „So-La-La“  setzte sich in Bewegung.  Seine Muskeln spannten sich. Er stöhnte unter der Last des Berges, den er versetzen musste

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