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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Nichts von alldem geschah. Der Zufall rührte keinen Finger. Ohne Gegenwehr ertrug er die Anschuldigungen.

Der Groll  über die weißen Lücken im Terminkalender des Fräulein „So-La-La“ stachelte die Mutter zu einem verhängnisvollen Frontalangriff an.

„Ich wäre nicht geworden, was ich bin, wenn ich mich dem Zufall anvertraut hätte.“,  donnerte sie siegesgewiss und schlug mit der Faust auf den Tisch.

Der Vater beeilte sich, es ihr gleich zu tun.
Das Fräulein „So-La-La“ bekam von der ernsten Unterhaltung am Tisch nichts mit. Sie war völlig in ihrem Bilderbuch vertieft. Es handelte von einer Mehrjungfrau, die sich gegen allerlei Gefahren behaupten musste.

Die Begeisterung an ihren Abenteuern löste einen leichten Kitzel auf ihrer Zunge aus.  Der verrückte Clown in ihrem Mund packte die Gelegenheit beim Schopf. 

„Ich wlil acuh enie „Mher-Jnugs-Faru“ sien.“,  platzte es unvermittelt aus ihr heraus.

Der Vater erschrak über das Gehörte derart, dass er seinen Kuchen ausspuckte. Der Mutter fiel im Schock die Kaffeetasse aus der Hand.

Der Zufall blinzelte ihr schadenfroh ins Gesicht. Eindrucksvoll hatte er ihr die  Überlegenheit seiner Natur vor Augen geführt.  

Die aus der Tasse schwappende Kaffeebrühe  ergoss sich über den Terminkalender. Die schwarze Flut riss einen ganzen Wochenplan ins Verderben. Mit hochrotem Kopf verließ die Mutter fluchtartig das Schlachtfeld.
Der Zufall blickte zufrieden auf das Geschehen, das sich vor ihm abspielte.  Eine übermütige  Zunge hatte ihm einen großartigen Sieg beschert.

Der Versprecher des Fräulein „So-La-La“  besiegelte das vorzeitige Ende der Konferenz. Es wurden keine Beschlüsse gefasst. Niemand hielt eine Abschlussrede. Man einigte sich darauf, dass sie nie stattgefunden hatte.

Die Mutter heulte nachts  das Bettkissen nass. Der Vater drückte ihre Hand und starrte zur Decke hoch. Im Schlafzimmer herrschte stockdunkle Nacht. Die Fenster waren verriegelt und die Vorhänge zugezogen. Der Schlüssel in der Tür steckte umgedreht im  Schloss. Sie führten ein langes Gespräch.

„Diese Schande ertrage ich nicht.“, bemitleidete sich  die Mutter in ihrem  Unglück. Der Vorfall am Tisch  hatte sie bis in die tiefsten Stelle ihrer Seele erschüttert.

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