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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Das Fräulein  „So-La-La“ hielt der Aufregung nicht länger stand. Sie schlüpfte  aus dem Nachthemd und sprang in die  Wanne, um die Einfahrt  des Schiffes aus nächster Nähe zu beobachten.

Langsam stachen die Umrisse des Zweimasters durch den aufsteigenden Wasserdampf. Captain Feelgood steuerte sein Schiff  hart backbord. Eine steife Brise blähte die Segel. Er hielt direkt auf das Fräulein „So-La-La“ zu. 

Auf Höhe ihres linken Knies, das zur Hälfte  aus dem Wasser ragte, riss er das Ruder herum und leitete in einem gewagten Manöver eine scharfe Wende ein. 
Eine gewaltige Bugwelle spritzte auf und brachte die  Mybody beinahe zum Kentern. Das Schiff schwankte bedrohlich nach allen Seiten, bevor  es in ruhiges Gewässer zurück fand.

Der Anblick des kleinen Zweimasters, der eine Armlänge von ihr entfernt im Wasser schaukelte, riss das Fräulein  „So-La-La“ unsanft aus ihren Träumen.  Ihr Zeigefinger zuckte nervös.  

Die Mybody  war kein richtiges Piratenschiff. Vom Bug bis zum Heck war es nicht länger als eine Limonadenflasche.  Der Rumpf war  aus  Streichhölzern geklebt. Übereinander gestapelte Zigarrenschachteln bildeten die Kommandobrücke.  In der Mitte ragten zwei dünne Häkelnadeln hoch, an denen kleine Stofffetzen hingen, die als Segeln dienten.

Der alte Kahn hatte nie auf einem Ozean Wind und Wetter getrotzt. Sein Heimathafen war keine einsame Piratenbucht. Viel eher hatte er die letzten hundert Jahre in einer Spielzeugkiste auf einem Dachboden zugebracht.

Die Erscheinung von Captain Feelgood war nicht weniger armselig. Der Schwarm der Mutter entpuppte sich als fingergroße Spielfigur im Piratenkostüm, die mit den Füßen auf der Kommandobrücke des Schiffes geklebt war, um nicht von der ersten Welle über Bord gespült zu werden.

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