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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Die Großmutter griff nach den  Überresten einer ausgeweideten Puppe und hielt sie dem Fräulein „So-La-La“ unter die Nase.

„Auf diese Weise ist es unmöglich, einem Wesen  Leben einzuhauchen.“, seufzte sie.
„Über jedes Herz, das auf der Erde schlägt,  wird im  Himmel Buch geführt. Ob es nun aus China stammt. Oder von anderswo.  Und nirgendwo ist die Buchhaltung strenger als dort.“

In ihrer Stimme schwang kein Groll. Sie kannte die Einsamkeit der Nächte. Es fiel auch ihr nicht leicht, die Stille zu ertragen. 

Verärgert schleuderte das Fräulein „So-La-La“ schleuderte die ausgeweidete Puppe in eine Ecke.

Gegen die Buchführung des Himmels fühlte sie sich machtlos.
In den Fabriken liefen jeden Tag  abertausende Puppen in allen Größen und Haarfarben vom Fließband. 
Aber keine einzige von ihnen besaß  ein Herz, das der Nacht ihre unerträgliche Stille nahm.

Das Fräulein schloss die Augen. Sie konnte keine Kulleraugen und wattierten Bäuche mehr ertragen. Das Verlangen,  die stummen Kreaturen in den Ofen zu werfen, wuchs mit jeder Minute.  
„Es kann trotzdem gelingen, wenn man weiß,  wie es funktioniert.“,  widersprach die Großmutter ihren düsteren Gedanken.

„Allerdings muss sich jemand finden, der bereit ist, sein eigenes Herz mit deiner Puppe zu teilen.“.

Der rechte Zeigefinger des Fräulein „So-La-La“ begann nervös zu zucken. Nur ein Narr würde die Hälfte seines kostbarsten Besitzes an eine leblose Puppe verschenken wollen. Wusste die Großmutter nicht, in welch schlechte Gesellschaft man dabei geraten konnte. ‚

Die Großmutter öffnete das Fenster. Am besten konnte sie mit einer Zigarre im Mund denken.  Sie schob den Vorhang zur Seite.   Eine frische Brise wehte herein.  Der Stumpen zwischen ihren Zähnen glühte feuerrot auf.

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