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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Unverhofft sah das Fräulein „So-La-La“ eine Gelegenheit, ihre Zeitabkürzungsmaschine zu auszuprobieren.

Zähneknirschend willigte die Großmutter ein, sich als Testpilotin zur Verfügung zu stellen.  Bevor sie die Maschine in Gang setzte, änderte sie die Entwürfe des Fräulein „So-La-La“ in einem winzigen Detail ab.

„Eine solche Maschine braucht keine Bedienungsknöpfe.“, erklärte sie die technischen Änderungen.
„Sie funktioniert am besten mit Worten.“

Die ersten Startversuche liefen holprig. Mehrfach geriet die Großmutter ins Stocken.  Aber schließlich gelang es ihr, die träge dahinfließenden Stunden in einen reißenden Strom zu verwandeln.

Der Faden, den sie mit ihren Worten spannte, reichte in eine Zeit zurück, die  das Fräulein „So-La-La“ nur aus den Geschichtsbüchern kannte.   
Von der Karibik bis zum Nordpol fand sich kein  Flecken Erde, auf den  die Großmutter nicht ihren Fuß gesetzt hatte.

„Ich war schlank wie  eine Gerte und leichter als der Morgentau.  Ein laues Lüftchen genügte, um mich bis über die höchsten Wolken hinauszutragen.“,  schwärmte sie von den  abenteuerlichen Ausflügen in ihrer Jugend.

„Zum Frühstück schlürfte ich Kokosnüsse in Afrika. Mittags verspeiste ich Straußeneier in Australien. Abends aß ich Reis in China.  Und Schlag Mitternacht kreiste ich wieder wohlbehalten über die Dächer meiner Heimatstadt.“

Mit einer Zigarre im Mund verwandelte sich die Großmutter in eine wilde Rennmaschine, die  durch Zeit und Raum brauste. Atemberaubende Geradeausfahrten wechselten einander mit  halsbrecherischen Kurvenlagen ab.  

Hin und wieder parkte die Großmutter die Zeitabkürzungs-maschine an den spannendsten Stellen.  Sie nutzte die Pause, um in vergilbten Fotoalben aus ihrer Kammer nach Beweisen für ihre Geschichten zu blättern.   

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