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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Mit lautem Gegrunze drängte das Glücksschwein ans Rednerpult.

„Der Speck an mir macht alle glücklich.“, behauptete es vollmundig.
„Mein Glück schmeckt nicht nach Fett.“, versagte ihm der Engel den erhofften Durchbruch.

Langsam breitete sich in den Reihen der Konferenzteilnehmer Unruhe aus. Die Glückszahl, die als nächstes an die Reihe kam, hatte bereits Mühe, sich Gehör zu verschaffen.

„Wer an mich glaubt, gewinnt das Glück.“, brüllte sie in die Menge. Die Nervosität war ihr deutlich anzumerken.
„Mein Glück ist keine Zahl.“, seufzte der Engel traurig.

Daraufhin wurde die Glückszahl von der Bühne gepfiffen. Allen weiteren Redner nach ihr erging es nicht besser.
Das Glücksrad, der Glückstreffer, die Glückslotterie, der Glückskeks und der Glücksklee konnten dem Engel nicht das verlorene Glück ersetzen.
Unverrichteter Dinge kehrten sie an ihre Plätze zurück.

Die Verzweiflung im Saal artete zum Tumult aus. Türen schlugen krachend ins Schloss.
Ganz zum Schluss trat ein Glückskind auf. Kurz keimte Zuversicht auf. Denn sein Anblick ließ jedes Mutterherz höher schlagen.

„Ich lächle jede Seele glücklich.“, hoffte das Glückskind auf die entscheidende Wende.

Der Engel blickte das Glückskind mit großer Liebe an. In seinen Augen spiegelten sich Tränen.

„In meinem Glück spiegelt sich kein Kinderlächeln.“, antwortete er. 

Damit war alle Hoffnung zunichte. Das Glückskind trat mit gesenktem Kopf von der Bühne.
Die Konferenz wurde aufgelöst, ohne einen Beschluss zu fassen.
Die Menschen strömten in eine Welt zurück, über die ein dunkler Schatten lag.

„Was ist aus dem Engel geworden.“, fragte ich.   
„Irgendwann haben die Menschen die Erinnerung an ihn verloren.“, antwortete die Geschichte.

„Der Ausgang der Konferenz hatte ihnen bewiesen, dass das Glück der Welt in ihren eigenen Händen lag.
Seither muss sich jeder selbst auf den Weg machen, um etwas für sich zu finden, das sich nahe und tief anfühlt.“

Ich blickte die Geschichte, die an meiner Bettkante saß, an. Es herrschte stockdunkle Nacht. Nur die blasse Scheibe des Mondes leuchtete am Himmel. 

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