
Ein Pfau stand nachts an einem Teich und berauschte sich an seiner Pracht. Eitel entfaltete er sein Federkleid. Seine Schönheit rührte den Weiher zu einem verliebten Rauschen.
<Wenn du dich in meinem Wasser spiegelst, wird deine Schönheit bis zu den Wolken hoch strahlen.>, flüsterten seine Wellen. Der Pfau würdigte das trübe Gewässer mit einem geringschätzigen Blick. <Wie kann ein Tümpel mich schöner machen.>, höhnte er. <In mir spiegeln sich die Sterne am Himmel. Ihr Licht wird dich in den Nächten zum Leuchten bringen.>, versprach er.
Neugierig trat der Pfau an das Ufer des Teiches und betrachtete sein Spiegelbild. Im Wellengang wirkte es von den Fischen zerkratzt, die erschrocken unter ihm durchschwammen. Enttäuscht wandte er sich ab.
Von hinten schlich sich ein Fuchs an den Teich heran. Es war ein altes Tier. Sein linkes Hinterbein lahmte. Der Hunger hatte ihn dürr werden lassen. Voller Gier starrte er auf das Fleisch des Pfaus. Geduldig hatte er im Gebüsch ausgeharrt und das Gespräch zwischen dem Pfau und dem Teich belauscht. Als der Pfau dem Weiher den Rücken kehrte, sah er seine Gelegenheit gekommen. <Warum vergeudest du deine Schönheit an einem schlammigen Tümpel. Deine Pracht verdient etwas Besseres, als sich in einem trüben Gewässer zu spiegeln.>, schmeichelte er dem eitlen Federtier.
Der Pfau beäugte den alten Fuchs misstrauisch. Von einem Jäger, der auf einem Bein hinkte und dessen Fell grau und verlaust war, drohte ihm keine Gefahr, dachte er in seinem Hochmut. Mit geduldigem Charme umgarnte der Fuchs den Pfau. <In meinem Bau hängt ein Spiegel aus Glas, der dich in deiner Vollkommenheit zeigt.>
Die verführerischen Versprechungen ließen den Pfau alle Vorsicht vergessen. Seine Eitelkeit war stärker als sein Instinkt. Er wandte dem Teich den Rücken zu und folgte dem Fuchs hinterher. Vergeblich versuchte ihn der Weiher zu warnen. Die Wellen, die er ans Ufer schlug, klatschten ins Leere. Hilflos musste er mitansehen, wie der Wald das ungleiche Paar verschluckte. Er ahnte, dass der Pfau nie wieder an seinem Ufer auftauchen würde.
Während der Teich seinen Kummer im schlammigen Grund ertränkte, folgte der Pfau dem alten Fuchs zu seiner Höhle. Erwartungsvoll schlüpfte er in den engen Bau. Aber anstatt in einen Spiegel zu blicken, in dem sich seine Schönheit spiegelte, spürte er die scharfen Zähne seines Verführers am Hals. Ein letztes Mal sah er Sterne vor seinen Augen funkeln. Sie strahlten beinahe so hell wie die Sterne, die sich in dem Weiher spiegelten. Dann schwanden ihm die Sinne.
Der Fuchs verschwendete keinen Blick an der Pracht des Pfaus. Gierig fiel er über ihn her und fraß sich an ihm satt, bis nur noch ein zerfetztes Federbündel übrig blieb.