
Am nächsten Morgen war der Groll der Mutter wie weggeblasen. Sie verlor kein Wort mehr über das zweifelhafte Kompliment, das den Vater aus dem Bett vertrieben hatte.
Ihr eisernes Schweigen schloss auch die Luftballonkinder mit ein, die sie von den Wänden herab angrinsten.
Mit gesenktem Blick schlich sie an ihnen vorüber, als fürchtete sie, in ihnen ein Spiegelbild ihrer selbst zu erblicken.
Unterdessen schritt die Vermehrung der unheilvollen Kreaturen ungezügelt voran.
Innerhalb kurzer Zeit hatten sie jeden Winkel des Hauses erobert. Allabendlich schickte die Mutter ein Stoßgebet zum Himmel hoch, eine höhere Macht möge ihr zu Hilfe eilen und den Schrecken beenden.
Die himmlischen Mächte schmiedeten andere Pläne. Je unverhohlener ihnen die Mutter Pest und Cholera an den Hals wünschte, desto leichter flossen sie dem Fräulein „So-La-La“ aus der Hand.
Am Ende jeder Woche hatte sich ihre Anzahl verdoppelt.
Es dauerte nicht lange, bis der stumme Schrecken, den die Zeichnungen im Haus verbreiteten, nach draußen drang. Die hochgezogenen Augenbrauen, gestreckten Zeigefinger und mitleidigen Stimmen weideten sich schadenfroh an der Scham der Mutter.
Als sich ein Spötter die Behauptung erdreistete, noch nie ein schöneres Strichmädchen auf einer Leinwand gesehen zu haben, riss ihr Geduldsfaden an mehreren Stellen gleichzeitig. Allerdings hatte sie dem Hohn, der sich über sie ergoss, nicht mehr entgegen zu setzen, als ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
Dabei stand das Schlimmste noch aus.
Zum Entsetzen der Mutter geriet das Wachstum das Wachstum unglückseligen Geschöpfe, die das Fräulein „So-La-La in die Welt setzte, mehr und mehr aus den Fugen. Bald platzten die Luftballonkinder auf den Zeichenblättern aus allen Ecken und Enden.
Zuerst verlor sich der Mittelfinger einer rechten Hand. Dann fehlte eine linke Hand, die mit einem scharfen Schnitt vom Armgelenk abgetrennt wurde. Anderntags fielen ganze Füße dem unerbittlichen Seitenende zum Opfer.