
„Es ist der schönste Vogel der Welt.“, wies ihn das Fräulein „So-La-La“ scharf zurecht.
Zuhause hatte der Vater alles für den angekündigten Notfall vorbereitet. Auf dem Küchentisch lag Verbandsmaterial bereit. Ein Topf mit Wasser kochte auf dem Herd.
Es wurde eine lange Nacht. Ein gebrochener Flügel musste geschient und das zerrupfte Gefieder wieder hergestellt werden.
Als das Fräulein „So-La-La“ am nächsten Morgen erwachte, galt ihr erster Blick der Schuhschachtel neben ihrem Bett, aus der ihr zwei misstrauische Vogelaugen entgegen starrten.
Schnell wurde klar, dass der Vogel eine längerfristige Pflege benötigte. Ein gebrochener Flügel heilte nicht über Nacht. Der Vater besorgte einen Käfig. Die Mutter kaufte Futtervorräte für einen ganzen Winter ein.
In den folgenden Wochen verbrachte das Fräulein „So-La-La“ jede freie Minute mit ihrem neuen Freund, der ihr aus dem Himmel beinahe auf den Kopf gefallen war.
Sie genoss seine Gesellschaft. Der Vogel störte sich nicht an dem verrückten Clown, der in ihrem Mund hauste. Bald waren sie ein unzertrennliches Paar.
Nachts öffnete das Fräulein „So-La-La- heimlich den Käfig. Dann sprang der Vogel auf ihre Schulter und legte einen Flügel um ihren Hals. So hockten sie bis zum Morgengrauen.
Im Überschwang weihte das Fräulein „So-La-La“ ihren gefiederten Freund in ihre Reisepläne ein.
„Enies Tgaes wrede ich enie Geschcihte sien, die um die Wlet riest.“
Der Vogel flatterte aufgeregt mit den Flügeln, als wollte er mitfliegen.
Die vertraute Zweisamkeit wurde erst unterbrochen, als die Mutter frühmorgens in das Zimmer stürmte und den Vogel in den Käfig zurück sperrte.
„Ein Vogel ist kein Bettgenosse.“, fauchte sie ihre entsetzte Tochter an.