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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Wie das Fräulein „So-La-La“ ihren Namen bekommt

Mit den Namen verhält es sich wie mit den Geschichten, denen sie dienen. Manche locken ihr Publikum mit einem lauten Knall. Andere treten als wilder Trommelwirbel in Erscheinung. Und einige gefallen sich darin, weit gereist zu klingen.

Wie alle Geschichten begann auch diese Geschichte mit einem Namen.  

Nicht im Traum hätte seine Besitzerin es gewagt, ihn in den Mittelpunkt einer Geschichte zu rücken. Wäre es nach ihrem Willen gegangen, würde niemand je etwas von ihm gehört haben. Viel zu absurd wäre ihr das Ansinnen erschienen, die Aufmerksamkeit der Welt auf ihn zu lenken.

Aber einmal in den Wind geworfen, ließ sich der Name nicht mehr einfangen. Irgendwer hatte im falschen Moment das Fenster geöffnet. Als man die hochflatternden Gardinen bemerkte, war es zu spät. Ein verspielter Wirbel hatte ihn in alle Richtungen verweht.

Fortan rief sie jedermann Fräulein „So-La-La“.  

Es war ein seltsamer Name für ein Mädchen, dessen Alter sich an den Fingern einer Hand abzählen ließ. 

Nicht weniger ungewöhnlich waren die Umstände, die zu seiner Entstehung geführt haben. Er hatte keinerlei Vorgeschichte vorzuweisen. In keinem Namensregister fand sich eine Spur von ihm. Seine Herkunft blieb auch nach einem Blick in die Geschichtsbücher rätselhaft.

Dem Fräulein „So-La-La“ kam die zweifelhafte Ehre zuteil, die  erste Besitzerin des Namens zu sein.  Ihre Begeisterung darüber glich der Freude, mit der man im Spiegel eine Warze auf seiner Nase entdeckt.  Es brauchte lange, bis sie sich an ihn gewöhnte. Und der Annäherung ging ein zähes und feindseliges Ringen voraus.   

Den Namen scherte es wenig, ob das Fräulein „So-La-La“ Gefallen an ihm fand. Er fegte über sie hinweg, wie ein aus heiterem Himmel ausbrechendes Unwetter.  

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