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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Mit gleichem Argwohn begegnete die Mutter Regenpfützen, Springschnüren und Tretrollern. Was nur immer in den Verdacht geriet, dem Zufall in die Hände zu spielen,  durfte auf keinen Pardon hoffen. 
So fielen die meisten Bäume im Garten hinter dem Haus der Motorsäge zum Opfer, noch ehe das Fräulein „So-La-La“ den Versuch unternehmen konnte, sich an einem der Äste  hoch zu schwingen.  Als sie einen Stuhl ans Fenster rückte, um den Sonnenuntergang zu beobachten, verbarrikadierte die Mutter die Aussicht durch ein Eisengitter.

„Es geschieht alles zu deinem Besten.“, begründete sie ihre Fürsorge.

Der Zufall beobachtete das seltsame Geschehen aus sicherem Abstand, ohne sich an den Feindseligkeiten, die ihm die Mutter entgegenbrachte, zu kränken. Er wusste um seinen langen Atem. 

Die Welt rollte auf einer schiefen Bahn. Und sie rollte ihm entgegen. 

Je weiter der Bogen wurde, den die  Mutter um ihn schlug, desto enger zog der Zufall die Schlinge. Es war bloß eine Frage der Zeit, bis er zu seinem Recht gelangte. Mahnungen gab es zuhauf.

„Man müsste nur die Zeitungen aufschlagen, um seine Macht zu erfahren.“, schulmeisterten die hochgezogenen Augenbrauen. 

„Die besten Absichten beschwören die schlimmsten Zufällen herauf.“, prophezeiten die gestreckten Zeigefinger.

„Niemand würde die Friedhöfe und Kinderwägen erfolgreicher bestücken als er.“,  meldeten  sich  die mitleidigen Stimmen zu Wort. Die Mutter stellte sich mit breiter Brust dagegen.

„Nie und nimmer würde der Zufall einen Fuß über die Schwelle ihres Hauses setzen.“ knurrte sie kampfeslustig.

Ihre großspurige Ankündigung sorgte für heiteres Getuschel.

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