
Durch solche und ähnliche Vorfälle leerte sich der Terminkalender des Fräulein „So-La-La“ in atemberaubender Geschwindigkeit. Bald füllten die weißen Lücken ganze Kalenderseiten.
„Ich will nur das Beste für sie.“, jammerte die bis auf die Knochen abgemagerte Mutter nachts die Schlafzimmerdecke an.
Ihre Klagen blieben ungehört. Die Liste der Katastrophen wurde mit jedem Tag länger. Der Kampf gegen den Zufall ging an allen Fronten verloren.
Der Turnunterricht musste abgebrochen werden, da der Trainer über die zufällig zusammengebundenen Schnürsenkel seiner Schuhe stolperte und sich beide Beine brach.
Der Zeichenkurs endete nicht minder tragisch. Der zittrige Pinselstrich des Zeichenlehrers führte der entsetzten Mutter vor Augen, dass seine Kunst mehr den vollen Weinflaschen als leeren Leinwänden zugewandt war.
Auf dem Höhepunkt der Unglücksserie brannte die Halle ab, in welcher das Fräulein „So-La-La“ für Tennisstunden eingeschrieben war.
Der Zufall leistete ganze Arbeit. Bald war der Terminkalender der Mutter nur noch ein Schatten seiner selbst.
Während das Fräulein „So-La-La“ die unbeschwerten Tage genoss, blieb die Mutter blind für die Warnungen, den Fingerzeig des Schicksals ernst zu nehmen.
Verzweifelt mühte sie sich ab, die Löcher im Terminkalender mit neuen Aufgaben zu stopfen. Unermüdlich telefonierte sie mit Kinderakademien, Talenteschmieden und Sportvereinen. Aller Mühen zum Trotz breiteten sich die weißen Lücken im Kalender wie eine Seuche weiter aus.
Kein Tag verging, ohne dass der Zufall eine neue Bresche in den minutiös geplanten Tagesablauf ihrer Tochter schlug. Nach wochenlangem Ringen blieb der tägliche Besuch bei der Großmutter als einziger Termin im Kalender übrig, der sich gegen die Attacken des Zufalls erfolgreich zur Wehr setzte.