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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Wie das Fräulein „So-La-La“  den Clown in ihrem Mund überlistet

Die Großmutter setzte sich auf ihren Lesestuhl. Sie nahm einen nicht enden wollenden Zug aus dem Zigarrenstumpen zwischen ihren Lippen.  Binnen weniger Augenblicke versteinerte ihr Gesicht zu einer zerklüfteten Felsenlandschaft.

Das Glutnest an der Spitze der Zigarre flammte feuerrot auf.

Minutenlang verharrte Oma Rosa in diesem Zustand. Das einzige Lebenszeichen, das sie von sich gab, war ein leises Gemurmel. Es klang wie das Brodeln eines überkochenden Suppentopfes  auf einer heißen Herdplatte.

Als sich die Glut der Zigarrenspitze bis auf wenige Millimeter an ihre Lippen herangefressen hatte, sprang die Großmutter  mit einem lauten Aufschrei von ihrem Stuhl hoch. In wildem Galopp stürmte sie in die Küche.
Ängstlich verkroch sich das Fräulein „So-La-La“ unter dem Tisch und lauschte dem Rumoren der Wasserleitung in den Wänden.

Minuten später kehrte die Großmutter ins Wohnzimmer zurück.

„Der Name passt zu dir.“, nuschelte sie durch das Tuch, mit dem sie ihren Mund abdeckte.  
„Er wird dir eines Tages die Welt öffnen.“

Das Fräulein „So-La-La“ traute ihren Ohren nicht.  Die Großmutter hatte sich auf die Seite ihrer Spötter geschlagen. Energisch stampfte sie mit den Füßen auf den Boden.
Der Zeigefinger ihrer rechten Hand zuckte gefährlich. Das passierte jedes Mal,  wenn jemand eine Verrücktheit anstellte.  Mit Mühe unterdrückte sie die Lust, ihn auszustrecken und sich gegen die Stirn zu tippen. 

Oma Rosa war der zuckende Zeigefinger nicht  verborgen geblieben.   

Der Wert eines Namens würde  nicht durch das Geplärre dummer Schreihälse entschieden, brauste ihre Stimme durch den Raum. Die Falten in ihrem Gesicht gaben ein beredtes Zeugnis davon, dass sie die wechselnde Moden von Namen mit eigenen Augen miterlebt hatte.

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