
Nach einem Spaziergang drückte einem Mädchen der Fuß. <Autsch.>, schrie sie auf und sprang aus dem Schuh. In der Innenseite der Sohle entdeckte sie einen winzigen Kieselstein. Als sie ihn ausschütteln wollte, flehte sie eine Stimme an. <Wirf mich nicht weg.> <Warum sollte ich dich behalten wollen?>, schnauzte das Mädchen den Kieselstein an. <Du hast mir weh getan.>
<Wenn du mich nachts in den Himmel hältst, werde ich dir einen Stern schenken.> bot ihr der Kieselstein einen Handel an. Nach kurzem Überlegen beschloss das Mädchen, es auf einen Versuch ankommen zu lassen.
Als der Mond aufging, schlüpfte sie in ihren Mantel und ging vor die Tür. Die Nacht war sternenklar. Keine Wolke trübte den Blick in die Unendlichkeit des Himmels. Das Mädchen nahm den winzigen Kieselstein und rollte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger. In seiner Größe glich er den Sternen, die millionenfach auf sie herab strahlten.
<Suche Dir einen der Sterne aus. Ich werde dir helfen, ihn vom Himmel zu pflücken.>, raunte ihr der Kieselstein zu. Das Mädchen schweifte mit den Augen über den nächtlichen Sternenhimmel. Die Wahl fiel ihr nicht nicht leicht. Am Ende entschied sie sich für einen Stern ganz im Norden. <Es ist der Schönste von allen.>, gratulierte ihr der Kieselstein. Dann trug er das Mädchen auf, ihn nah an den Stern zu halten und dabei die Augen zu schließen.
Das Mädchen stellte sich auf die Zehenspitze und streckte die Hand, in der sie den Kieselstein zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, in Richtung des Sternes, der hoch über ihr leuchtete. Nach einigen Sekunden befahl ihr der Kieselstein, die Augen wieder zu öffnen. <Was Du in Deiner Hand hältst, ist kein gewöhnlicher Stein mehr, der Dich im Schuh drückt, sondern ein Stern, den du für dich aus dem Himmel gepflückt hast.>, behauptete er prahlerisch.
Das Mädchen blickte auf den winzigen Kieselstein in ihrer Hand. Ein Lächeln blitzte in ihrem Gesicht auf. <Für Deine Schläue will ich Dich bei mir behalten.>, amüsierte sie sich an der List des Kieselsteines. Dann ließ sie ihn in ihrer Manteltasche verschwinden. Bevor sie ins Haus zurück huschte, warf sie einen prüfenden Blick in den Himmel, als wollte sie sichergehen, dass kein Stern fehlte.
In den nächsten Tagen bemerkte das Mädchen eine Veränderung an sich. Nachts blickte sie sehnsüchtig aus dem Fenster zu den Sternen hoch. Dabei streiften ihre Gedanken zu dem Kieselstein in ihrer Manteltasche.
An schweren Tagen zog sie den Mantel über ihre Schulter und steckte die Hand in die Tasche. Wenn sie den winzigen Kieselstein zwischen ihren Finger rollte, fühlte sie sich getröstet. Er griff sich vertraut und warm an. Wie ein Stern, den sie für sich aus dem Himmel gepflückt hatte.