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Die Reise des Fräulein „So-La-La“

Das Schloss in den Wolken

Ein mächtiger König wagte es einst, die Zeit herauszufordern.  Sein Reich erstreckte sich von Osten nach Westen und von Norden nach Süden.  Da die Sonne darin nicht unterging, glaubte er sie seinem Willen unterworfen zu haben.

Aber diese Macht genügte ihm nicht.  Eines Tages ließ er seine Gesandten im ganzen Königreich ein Gesetz verkünden, das ihn fortan auch zum Herrscher der Zeit bestimmte. Und da die Zeit endlos war, würde auch seine Herrschaft immerwährend andauern.  
Zum Zeichen, dass er über die Sonne und die Zeit herrschte, errichtete auf einem Berg, der dem Himmel am nächsten kam, eine mächtige Burg.

Als die Baumeister ihre Arbeit vollendet hatten, zog der König an der Spitze seiner Soldaten durch das fahnengeschmückte Tor in seine Residenz ein. Ihm folgte in endlosen Reihen der Tross seiner Untertanen.
Der Anblick der gewaltigen Festung würde jeden Aufstand gegen ihn im Keim ersticken und seine Macht für immer besiegeln, glaubte der König.

Wer die Strapazen des Aufstiegs heil überstand, musste sich vor seinem Thron in den Staub werfen.
Mit steinerner Miene nahm der König die Lobpreisungen seiner Untertanen entgegen. Niemand wagte es, einen Zweifel auszusprechen. Schon eine hochgezogene Augenbraue, ein gestreckter Finger oder eine zittrige Stimme konnte für den Unglücklichen den Tod bedeuten.

Am Ende der Kolonne kämpfte sich ein blinder Greis die steilen Berghänge hinauf. Jedem seiner Schritte ging das klackende Geräusch des Stockes voran, mit dem er den Boden abtastete.  

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