Der Drache tanzte. Der Bär versuchte mühsam, Schritt zu halten.
„Das Tanzen macht mir das Leben schwerelos.“, schwärmte der Drache, während er im Takt der Musik federleicht über das Parkett schwebte.
Der Bär blickte den Drachen, in dessen Armen sich sein Kopf schwindlig drehte, mit verständnislosen Augen an.
Das Gewicht der Beine nagelte ihn am Boden fest. Tollpatschig hinkte er den Tönen hinterher. Jeder Schritt fühlte sich an, als wäre ein Bein an ihm zu kurz und das andere zu lang geraten.
Wie sehr er sich auch Mühe gab. Jede Bewegung geriet ihm daneben. Von den Armen zu den Hüften bis zu den Füßen. Nichts fügte sich harmonisch ineinander.
Er tanzte nicht. Er stolperte vor aller Augen über die dicht besetzte Tanzfläche. Das Ende war absehbar. Mit voller Wucht trat er dem Drachen auf die Zehen.
Entsetzt stammelte der Bär eine Entschuldigung.
Der Drache verzog keine Miene.
„Du hast mir nicht weh getan.“, tröstete er den Bären.
„Ich mag Dein Gewicht auf mir.“
Die Worte lösten im Kopf des Bären eine Explosion aus, die ihm den Boden unter den Füßen wegzogen. Er rutschte nach hinten weg, als wäre er mitten auf eine Bananenschale getreten.
Im Fallen blickte er in hunderte Augenpaare, die sich zu Tränen an seinem Missgeschick lachten. Bevor er rücklings mit dem Kopf aufschlug, fing ihn der Drache mit den Armen auf und drehte ihn in großen Kreisen von dem Gelächter fort.
Kaum war die Musik verstummt, entwand sich der Bär aus den Armen des Drachen und floh aus dem Saal.
„Es funktioniert nicht.“, stammelte er.
An der Garderobe holte ihn der Drache ein. Der Bär hatte bereits seinen Mantel übergestreift.
Der Drache zeigte sich ratlos über den überstürzten Aufbruch.
“Was ist passiert?“, stellte er den Bären zur Rede.
„Du hast einen Tanzbären aus mir gemacht.“, schnaufte der Bär.
Sein Gesicht war vor Zorn dunkelrot angelaufen.
Der Drache zog ein verblüfftes Gesicht.
„Ich habe nichts weiter getan, als mit dir zu tanzen.“, erwiderte er.
„Nein.“, widersprach der Bär.
„In deinen Armen verwandle ich mich in einen Bären, über den sich die Leute amüsieren.“
Endlich begriff der Drache.
Der Bär war nicht wegen des Missgeschicks von der Tanzfläche geflüchtet.
Er hatte sich an dem Lachen in den Gesichtern gekränkt. Es hatte ihn zu einem Tanzbären gemacht, der zu Belustigung in der Manege vorgeführt wurde.
„Du solltest eine Entscheidung treffen.“, sagte der Drache.
Der Ton in seiner Stimme war unmissverständlich.
Der Bär spürte zwei riesige Augen auf sich gerichtet. Er senkte den Blick, als befürchtete er, kopfüber in sie hineinzustürzen und darin zu ertrinken.
„Ich kann es nicht mehr.“, stieß er einen resignierenden Seufzer aus.
„Ich bin längst in deiner Hand.“
Der Drache gab sich keine Mühe, die Genugtuung darüber zu verbergen. Er grinste sich das Gesicht bis zu den Ohren breit.
„Dann bleibt dir keine andere Wahl, als mit mir zu tanzen.“, antwortete er und streifte dem Bären den Mantel von den Schultern.
ENDE.