Dies ist die Geschichte von einem Bären und einem Drachen. Aber der Eindruck täuscht. Es ist keine Tiergeschichte.
Er war ein Mann in den späten Vierzigern. Sie war eine Frau, die jünger aussah, als es ihrem tatsächlichen Alter entsprach.
Sie hatten einander nicht gesucht. Dazu waren sie zu verschieden. Umso bemerkenswerter war es, dass sie bei ihrem ersten Aufeinandertreffen trotz ihrer äußerliche Unterschiede, Gefallen aneinander fanden.
Sie tranken und lachten gemeinsam. Bevor sie voneinander ließen, tauschten sie ihre Nummern aus und begannen sich fast täglich zu schreiben
Ihre persönlichen Begegnungen blieben so spärlich wie ihre Küsse und Umarmungen.
Er war bereit, in Flammen aufzugehen. Sie zögerte, das Feuer zu legen.
Irgendwann gelangten sie an den Punkt, wo sie zu ihren Rollen fanden.
„Ich bin kein Bär.“, lehnte er es zunächst ab, in das Kostüm zu schlüpfen .
Ihr Protest fiel nicht minder laut aus.
„Ich bin kein Drache, der Feuer spuckt.“, entrüstete sie sich
Aber die Kostüme passten nicht anders.
Er zog sein Bärenfell an. Sie streifte sich die Drachenhaut über
„Warum tun wir uns das an?“, fragte sie, als sie sich im Spiegel betrachtete und einen Drachen vorfand, aus dessen Mund eine dünne Rauchsäule hoch stieg.
„Wir sollen herausfinden, ob Bären und Drachen einander suchen?“, sagte er , während er das zottelige Fell beäugte, das seine neue Haut geworden war.
„Das tun sie nicht.“, schlug ihm ihre wütende Antwort entgegen.
„Dafür sind sie viel zu verschieden“.
Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum und schlug die Tür hinter sich ins Schloss.
Er wartete noch einige Augenblicke. Dann trottete er hinterher.
Er mochte ihre schlechte Laune.