

Wie viele andere Mütter, arbeitete die Mutter des Fräuleins „So-La-La“ tagsüber außer Haus. Obwohl sie weder weltberühmt war noch mit der Weltherrschaft etwas zu tun hatte, dauerte ihre Schicht vom ersten Sonnenstrahl an und endete selten vor Einbruch der Abenddämmerung.
Das Fräulein „So-La-La“ beäugte die langen Abwesenheiten ihrer Mutter mit Argwohn, als verbarg sich ein dunkler Zauber dahinter, da sie dafür die besten Stunden des Tages opferte.
Eines Tages beschloss sie, diesem Missstand ein Ende zu setzen. Ab sofort sollte ihre Mutter nur noch für sie arbeiten.
Innerhalb kürzester Zeit fabrizierte sie eine Liste, welche Tätigkeiten die Mutter in ihrer neuen Anstellung erwarteten. Zauberei war darunter die geringste aller Fähigkeiten, die sie benötigte, um den Ansprüchen zu genügen.
Lachen und Weinen, Hoffen und Bangen. Loben und Klagen. Fröhlich sein. Kummer haben. Für all diese Dinge wollte das Fräulein „So-La-La“ reichlich sorgen.
Zusätzlich verpflichtete der Vertrag die Mutter dazu, ihrer zukünftigen Arbeitgeberin jeden Wunsch von den Augen abzulesen und stets eine Umarmung und einen Kuss auf Vorrat zu lagern. Daneben hatte sie das Essen zu kochen, die Wäsche zu waschen, das Geschirr abzuspülen, die Betten zu machen, das Zimmer aufzuräumen, die Fenster zu putzen, die Böden zu schrubben, die Einkäufe zu erledigen und bei den Schulaufgaben zu helfen.
Dabei durfte sie nie müde sein, schlechte Laune haben oder ungeduldig werden.
Als Gegenleistung lockte das Fräulein „So-La-La“ mit Dienstzeiten wie im Schlaraffenland.
„Nach dem Frühstück ist es erlaubt, mit mir bis zu Mittag im Bett zu kuscheln.“, stellte sie ausgedehnte Pausen in Aussicht.
Die Mutter lächelte gequält, als ihr das Fräulein „So-La-La“ den Vorschlag unterbreitete.
„Bleibt noch die Frage nach der Bezahlung offen.“, sprach sie den wunden Punkt des Planes an.
Mit dem Wissen, dass ein Kinderlächeln für eine Mutter mehr Wert besaß als jede Geldsumme, gelang es dem Fräulein „So-La-La“ , auch diese Bedenken schnell zu entkräften.
Ich lächle und küsse dich reich.“, zeigte sie sich bei der Entlohnung spendabel.
Als zusätzlichen Anreiz erklärte sie die Mutter spontan zur hü*p“schesten aller Mütter.
Die Mutter gluckste verlegen und schwieg.
Als sie bei der Übergabe der Ernennungsurkunde leise auf die fehlerhafte Schreibweise des
Titels hinwies, schüttelte das Fräulein „So-La-La“ den Kopf.
„Hübsch mit „b“ schreibt man die besten Mütter.“, klärte sie das Missverständnis auf.
„Aber hü“p“sch mit „p“ steht für die einzige perfekte Mutter.“
„Ich weiß nicht, ob ich meiner Aufgabe gewachsen sein werde.“, nahm die Mutter die Auszeichnung mit Tränen in den Augen entgegen.
„Aber eines weiß ich schon jetzt. Ich habe noch nie einen Titel mit mehr Stolz getragen als diesen.“
ENDE.